Donnerstag, 7. Dezember 2023
StartRegionalDurch Deutschland muss ein Ruck gehen, fordert 1997 der damalige Bundespräsident Roman...

Durch Deutschland muss ein Ruck gehen, fordert 1997 der damalige Bundespräsident Roman Herzog in seiner berühmten Rede. Ein Ge…

"Durch Deutschland muss ein Ruck gehen", fordert 1997 der damalige Bundespräsident Roman Herzog in seiner berühmten Rede. "Ein Gefühl der Lähmung liegt über unserer Gesellschaft." Gleichzeitig sind die Herausforderungen riesig: über vier Millionen Arbeitslose und immer mehr alte Menschen, die immer weniger jungen Menschen gegenüberstehen. Man macht sich Gedanken über den Generationenvertrag, in dem festgelegt ist, dass die jeweils Jungen die Renten der jeweils Alten bezahlen. 1997 wird beschlossen, dass ab 1999 das Rentenniveau sinken soll, von bis dahin 70 Prozent auf 64 Prozent bis zum Jahr 2030.

Im Jahr 1997 gehen rund 34.000 Firmen pleite. Es trifft eher junge, kleine Unternehmen, aber die Anzahl ist ein Rekord. Existenzangst greife um sich, sagt Herzog in seiner berühmten Rede: "Das ist ungeheuer gefährlich; denn nur zu leicht verführt Angst zu dem Reflex, alles Bestehende erhalten zu wollen."

Genau zu diesem Zeitpunkt baut die Sanitherm – neben ihrer Umorientierung auf den neuen Schwerpunkt Service – auch räumlich um. Und sie baut auch neu.

Die Firma ist weiter gewachsen, und die Kooperation mit anderen Sanitär- und Heizungsbetrieben unter dem Dach von bad&heizung soll deutlicher werden. Der alte orange-blaue Schriftzug über dem Gebäude der Badausstellung, vor dem inzwischen schon die nächste Generation Kinder gespielt hat, soll den neuen Farben und dem neuen Logo weichen. Als alles fertig ist, wird groß gefeiert mit Luftballons in Weiß und Blau. Schnittchen und Sekt werden gereicht, Bürgermeister (Köln) und Obermeister (Innung SHK) kommen zu Doppelmeister (Gas- und Wasserinstallateur und Heizungsbauer) Schumacher in die Bergerstraße und sprechen Grußworte.

Im Kino laufen Filme wie "Men in Black" und "Titanic". Ricky Martin singt "Un, Dos, Tres" und die dänische Band Aqua "Barbie Girl". Die Badausstellung in der Bergerstraße zeigt Designs mit starken Farbkontrasten. Der Sanitherm geht es gut.

Etwa 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat die Firma jetzt, darunter vier im Kundendienst und einen Techniker zum Berechnen von Neubauten. Auch drei bis fünf Auszubildende gehören dazu. Das Gebäude in der Theodor-Heuss-Straße ist der Firma endgültig zu klein geworden und hat sich schon länger als ungünstig herausgestellt: Es ist ein langgezogener Komplex, in dem Peter Schumacher und Martin Söll, die jeweils an den "Enden" sitzen, nicht viel voneinander mitbekommen. Dazwischen befinden sich die Buchhaltung, ein kleiner Faxraum, eine Mini-Küche, eine Toilette und auch ein viel zu kleiner Kundendienst- mit Besprechungsraum. "Und", sagt Martin Söll, "es wurde dauernd eingebrochen, mindestens zehn bis fünfzehn Einbrüche – wegen der EDV, der Bildschirme – mit Verwüstungen, das war immer ein Riesen-Bohei."

1996 hat Peter Schumacher bei der ersten Versteigerung seines Lebens zugegriffen und ein Grundstück samt Gebäude in der Fuggerstraße erworben. 1997 beginnt er, dort neu zu bauen.

Dieses Gebäude ist direkt so konzipiert, dass alles Platz hat. Und so stabil, dass noch fünf Etagen darauf gebaut werden können. Martin Söll: "Peter hatte die Weitsicht zu sagen: Wenn wir umziehen, dann lassen wir unser gesamtes Lager erst mal in dem alten Gebäude und stellen in die neue Halle ein ganz neues Lagersystem. Das heißt, ich konnte einen kompletten Plan machen, was in das neue Gebäude alles reinkommt: welches Material in welches Fach in welche Reihe in welcher Höhe." Vier, fünf Container Schrott fallen beim Aussortieren des alten Lagers an, noch einmal sechs beim Einsortieren ins neue Lager.

Für das Gebäude selbst wird auf eine Heizlast von 50W/qm geachtet.

Zwischen den Jahren, zwischen Weihnachten und Neujahr 1997, arbeitet die Mannschaft zur Hälfte am einen, zur Hälfte am anderen Standort. Auch alle Büromöbel werden komplett neu angeschafft, nur Telefonanlage und Computer mitgenommen. "Was waren wir stolz", schwelgt Peter Schumacher, "als der Estrich drin war und noch keine Zwischenwände. Und sind dann mit der Dagmar aus der Buchhaltung rübergegangen: Guck mal hier, das wird dein Büro. Plötzlich hattest du Riesen-Platz!"- Martin Söll: "Ja, genau! Vorher war es super-eng." – "War schon toll."

Das neue Lager beherbergt zu einem großen Teil Ersatzteile für Produkte der Firma Kessel, schließlich ist Sanitherm seit Mai 1995 Werkskundendienst.

"Wenn wir das machen, habe ich gesagt", erzählt Martin Söll, "machen wir das aber auch so, dass wir ein sehr großes Ersatzteillager haben. Ich kann nur Service machen, wenn ich Material habe. – Peter hat gesagt: Kein Problem! Schaff das an!"

Damit ist Sanitherm bei vielen Ersatzteilen die einzige Anlaufstelle in Köln. "Wir haben bis heute von jedem Produkt, das Kessel neu auf den Markt bringt, Ersatzteile vorrätig." Kessel hat jedes Jahr das Sortiment erweitert – und Sanitherm mit.

Da in der Fuggerstraße 1997 ohnehin Ausschachtungen vorgenommen werden müssen und Kessel gut greifbar ist, baut man bei Sanitherm direkt eine Kessel-Regenwassernutzung mit ein. (Martin und Sebastian Söll erzählen unter dem QR-Code, 1:40min)

Auch global tut sich in diesem Jahr auch etwas in Richtung Umweltschutz, wenn auch träger: Aus dem Jahr 1997 stammt das Kyoto-Protokoll zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen. In Kraft tritt es erst 2005.

Langsam – vielleicht auch noch unter dem Eindruck der Ölkrise in den 70er-Jahren – beginnt man, Ressourcen bewusster zu nutzen. In der Zeit der Um- und Neubauten bei Sanitherm baut Martin Söll im Klärwerk Wahn einen Drei-Stoff-Brenner ein. Dieser kann mit "drei Stoffen" betrieben werden: mit Klärgas, Erdgas und Öl. So kann das Klärwerk zuerst nutzen, was ihm kostenlos zur Verfügung steht – das Klärgas. Da das aber nie dieselbe Zusammensetzung aufweist, sind Installation und Einregulierung ziemlich anspruchsvoll, abgesehen von den beiden weiteren "Rampen" (Zugängen) für Erdgas und Öl. (s. QR-Code)

NEUSTE ARTIKEL

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner